DeepSeekV3 vs Claude-Sonnet vs o1-Mini vs Gemini-ept-1206: KI-Coding-Assistenten im Praxistest

In einer Zeit, in der KI-gestütztes Programmieren immer alltäglicher wird, gewinnt die Wahl des richtigen KI-Assistenten zunehmend an Bedeutung. Als langjähriger Nutzer von KI-Coding-Assistenten habe ich kürzlich ein interessantes Experiment durchgeführt, bei dem ich vier führende KI-Coding-Assistenten in einem realen Projekt verglichen habe. Dieses Experiment hat nicht nur zu einem tieferen Verständnis der einzelnen Modelle geführt, sondern auch einige überraschende Erkenntnisse zutage gefördert.

Experimenthintergrund: Ein realer Entwicklungsbedarf

Während der Weihnachtsferien begann ich mit der Entwicklung eines intelligenteren Home-Assistenten, mit dem Ziel, eine bessere Alternative zu Google Home und Alexa zu schaffen. Eine der Schlüsselfunktionen war die Implementierung eines KI-Gedächtnissystems - wenn ein Benutzer beispielsweise sagt "Ich mag keine Eier, merk dir das", sollte das System in Zukunft keine Rezepte mit Eiern mehr empfehlen.

Für diese Funktionalität musste ich ein Azure Functions-Projekt als Proxy entwickeln, das mit Azure Table Storage kommuniziert und in eine bestehende Blazor WASM-Anwendung integriert werden sollte. Diese scheinbar einfache Anforderung umfasste tatsächlich mehrere Aspekte wie Projekterstellung, Cloud-Deployment und Erweiterung bestehender Projekte - ideal, um die Fähigkeiten der KI-Coding-Assistenten zu testen.

Claude-Sonnet: Der verlässliche Veteran

Claude-Sonnet agierte wie ein erfahrener Senior-Entwickler. Während des gesamten Entwicklungsprozesses zeigte es hervorragende Codequalitätskontrolle, erkannte und behob automatisch Probleme im Code und füllte nach dem Deployment sogar intelligent die Tool-URLs vor. Allerdings ist dieser "Veteran" nicht günstig. In der Basic-API-Version wurde bereits nach 0,2 Dollar das Limit erreicht, was einen Wechsel zu OpenRouter erforderlich machte. Noch überraschender war, dass die Nutzung über OpenRouter auf 2,1 Dollar anstieg, bei gleichzeitiger Leistungseinbuße.

DeepSeekV3: Das überraschende Dark Horse

DeepSeekV3s Leistung war beeindruckend. Ich testete es sowohl über OpenRouter als auch über die offizielle API, mit stark unterschiedlichen Ergebnissen. Über OpenRouter wirkte es etwas unbeholfen, mit Code-Duplikationen und eingeschränkter Funktionalität. Bei Verwendung der offiziellen API jedoch war es wie ausgewechselt - die Codequalität kam fast an Claude heran, der Betrieb lief reibungslos und es bot einige einzigartige Lösungsansätze. Am beeindruckendsten war der Preisvorteil, die gesamte Aufgabe wurde für nur 0,02 Dollar erledigt. Beim Deployment wählte es zwar einen eher traditionellen manuellen ZIP-Deployment-Ansatz, zeigte aber auch überraschende Fähigkeiten wie das selbstständige Auffinden von Ressourcen und den Aufbau von Storage-Verbindungsstrings.

Gemini-ept-1206: Wachstumsschmerzen eines vielversprechenden Newcomers

Gemini wirkte wie ein vielversprechender, aber noch unerfahrener Neuling. Es war das interaktivste aller Modelle und fragte aktiv nach Details wie Runtime-Versionen. Bei der Deployment-Konfiguration zeigte es sich stark und berücksichtigte vorausschauend die Umgebungsvariablen. Allerdings zeigten sich auch "Wachstumsschmerzen": langsame Verarbeitungsgeschwindigkeit mit oft 20-minütiger Aufgabenbearbeitung, Token-Limitierungen, die häufig mehrere Sitzungen erforderten, und am frustrierendsten war, dass selbst nach 24 Stunden die Kostenstatistik undurchsichtig blieb und keine genaue Nutzungskosteneinschätzung möglich war.

o1-Mini: Unerfüllte Versprechen

Die Performance von o1-Mini war eher enttäuschend. Der Start war vielversprechend mit reibungsloser Projekteinrichtung und akzeptabler initialer Codequalität. Doch dann ging es bergab: langsame Reaktionszeiten, häufige falsche Annahmen (wie das Erstellen von Ressourcengruppen an falschen geografischen Standorten) und ineffiziente Problemlösung. Nach Ausgaben von 2,2 Dollar schlug es sogar ein Downgrade der .NET-Version vor, was zum vorzeitigen Testabbruch führte.

Praktische Erkenntnisse und Empfehlungen

Aus diesem Experiment ergeben sich einige praktische Empfehlungen. Für individuelle Entwickler und kleine Projekte ist DeepSeekV3 zweifellos die beste Wahl, mit perfekter Balance zwischen Codequalität und Kosten. Bei ausreichendem Budget bleibt Claude-Sonnet eine verlässliche Wahl für Enterprise-Entwicklung. Gemini eignet sich für Szenarien, die detaillierte interaktive Anleitung erfordern, während o1-Mini möglicherweise bei spezifischen Algorithmus-Optimierungsproblemen seine Stärken hat.

Beachtenswert ist, dass die Nutzung dieser Modelle über OpenRouter oft die Leistung beeinträchtigt, weshalb wenn möglich die offiziellen APIs bevorzugt werden sollten. Außerdem entwickelt sich der Bereich der KI-Coding-Assistenten rasant weiter, alle Modelle verbessern kontinuierlich ihre Fähigkeiten, und die Wettbewerbslandschaft könnte sich in Zukunft deutlich verändern. Die Wahl des passenden KI-Assistenten sollte auf konkreten Projektanforderungen, Budgetbeschränkungen und Entwicklungsszenarien basieren, nicht auf blindem Folgen einer bestimmten Option.